Wie das Label Nachhaltigkeit Kauf- und Investitionsentscheidungen beeinflusst
Das Wort „Nachhaltigkeit“ wird in den Medien und in den PR-Abteilungen der Unternehmen mittlerweile inflationär verwendet. Wir zeigen auf, was sich hinter dem Begriff verbirgt und inwieweit Nachhaltigkeit für Endverbraucher und Investoren bei ihren Kaufentscheidungen ein Kriterium darstellt.
Nachhaltigkeit in der Krise?!
Nach „Corona“ ist „Nachhaltigkeit“ in den letzten Wochen in den Medien wohl eines der am häufigsten genannten Worte. Dabei geht es vielfach um Forderungen nach einem nachhaltigeren Wirtschaftssystem. Darüber hinaus wird der Begriff jedoch seit einiger Zeit in der Werbebranche inflationär verwendet, um Produkten ein positives Image zu geben - auch oder gerade weil das für Dritte nur schwerlich nachzuprüfen ist.
Im Rahmen einer Studie der Internetplattform Utopia aus dem Jahr 2019 wurden ca. 14.000 nachhaltigkeitsbewusste Menschen nach ihren Einstellungen, Erwartungen und Verhaltensweisen befragt. Besonders spannend an dem Ergebnis war, wie vielen der befragten Personen „Nachhaltigkeit“ bei unterschiedlichen Dingen des Lebens „sehr wichtig“ ist
- Lebensmittel (71%)
- Körperpflege & Kosmetik (69%)
- Haushaltsartikel (59%)
- Energie (58%)
- Reisen & Urlaub (27%)
- Möbel & Wohnen (21%)
- Banken & Versicherungen (20%)
- Elektronik (18%)
Auch wenn der Begriff Nachhaltigkeit so inflationär verwendet wird, hat das Thema die Gesellschaft und das Konsumverhalten offensichtlich noch nicht vollends durchdrungen.
Wie die Vereinten Nationen Nachhaltigkeit definieren
Doch was genau ist Nachhaltigkeit eigentlich? Bei Wikipedia heißt es einleitend: „Nachhaltigkeit ist ein Handlungsprinzip zur Ressourcen-Nutzung, bei dem eine dauerhafte Bedürfnisbefriedigung durch die Bewahrung der natürlichen Regenerationsfähigkeit der beteiligten Systeme (vor allem von Lebewesen und Ökosystemen) gewährleistet werden soll.“
Auch die Vereinten Nationen (UN) haben sich ausführlich mit dem Thema befasst und im September 2015 anlässlich des Weltgipfels für nachhaltige Entwicklung in der Generalversammlung 17 Nachhaltigkeitsziele beschlossen. Diese lauten:
1. Armut beenden – Armut in all ihren Formen und überall beenden.
2. Ernährung sichern – den Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern.
3. Gesundes Leben für alle – ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern.
4. Bildung für alle – inklusive, gerechte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten des lebenslangen Lernens für alle fördern.
5. Gleichstellung der Geschlechter – Geschlechtergleichstellung erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen.
6. Wasser und Sanitärversorgung für alle – Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung für alle gewährleisten.
7. Nachhaltige und moderne Energie für alle – Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und zeitgemäßer Energie für alle sichern.
8. Nachhaltiges Wirtschaftswachstum und menschenwürdige Arbeit für alle – dauerhaftes, breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern.
9. Widerstandsfähige Infrastruktur und nachhaltige Industrialisierung – eine widerstandsfähige Infrastruktur aufbauen, breitenwirksame und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovationen unterstützen.
10. Ungleichheit verringern – Ungleichheit in und zwischen Ländern verringern.
11. Nachhaltige Städte und Siedlungen – Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestalten.
12. Nachhaltige Konsum- und Produktionsweisen – nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen.
13. Klimawandel bekämpfen – Sofortmaßnahmen ergreifen, um den Klimawandel und seine Auswirkungen zu bekämpfen.
14. Schutz der Meere – Bewahrung und nachhaltige Nutzung der Ozeane, Meere und Meeresressourcen.
15. Landökosysteme schützen – Landökosysteme schützen, wiederherstellen und ihre nachhaltige Nutzung fördern, Wälder nachhaltig bewirtschaften, Wüstenbildung bekämpfen, Bodendegradation beenden und umkehren und dem Verlust der biologischen Vielfalt ein Ende setzen.
16. Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen – Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zum Recht ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen.
17. Umsetzungsmittel und globale Partnerschaft stärken – Umsetzungsmittel stärken und die globale Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung mit neuem Leben füllen.
Wie nachhaltig Unternehmen wirklich sind
Dies ist ein komplexer Katalog. Für außenstehende Dritte ist oft nur schwer nachzuvollziehen, ob ein Unternehmen anhand dessen als nachhaltig wirtschaftend einzustufen ist oder nicht. Viele Marktteilnehmer haben aufgrund der Komplexität ihre eigenen Kriterien entworfen, die sich mehr oder weniger streng an den 17 Zielen orientieren. Während so mancher beispielsweise die Lufthansa komplett ablehnt, gewähren andere ihr das Nachhaltigkeitssiegel, weil der Konzern in seiner Branche viel unternimmt, um den Flugverkehr nachhaltiger zu gestalten.
Um hier Licht ins Dunkel zu bringen, vergibt unser Partner für die Bereitstellung von Research-Material, die DZ Bank, ein eigenes Siegel zur Beurteilung der Nachhaltigkeit von Unternehmen. Die Vergabe des Nachhaltigkeitssiegels erfolgt in drei Schritten.
(1) Untersucht werden dafür zunächst die drei klassischen Nachhaltigkeitsdimensionen Ökologie (E), Soziales (S) und Corporate Governance (G), wodurch sich ein ESG-Score ergibt.
(2) Im nächsten Schritt erfolgt die Integration der ökonomischen Nachhaltigkeitsdimension (E). Mithilfe verschiedener Kennzahlen wird ein ökonomischer Faktor ermittelt, der in den EESG-Nachhaltigkeitsscores eingerechnet wird.
(3) In einem finalen Analyseschritt erfolgt die Klassifizierung der untersuchten Emittenten in die Kategorien "nachhaltig" und "nicht nachhaltig". Dabei werden sektorale und cross-sektorale Nachhaltigkeitsgrenzen, harte und weiche Ausschlusskriterien sowie aktuelle Nachhaltigkeitskontroversen aus den Bereichen Ökologie, Soziales und Governance berücksichtigt.
Welche Konzerne das Nachhaltigkeitssiegel der DZ Bank (nicht) bekommen haben
Einige bekannte Unternehmen, die das DZ Bank Nachhaltigkeitssiegel erhalten haben, sind unter anderem adidas, Allianz, BASF, Deutsche Telekom, IBM, Intel, Nokia.
Zum Vergleich: Dieses Siegel nicht erhalten haben bekannte Firmen wie zum Beispiel Fielmann, Hornbach, Lockheed, Rheinmetall und British American Tobacco.