Die Treiber an der Börse – Hype oder nachhaltig?
Seit dem Kurssturz zu Beginn der Corona-Pandemie Anfang März legt die amerikanische Börse einen fast beispiellosen Kursaufschwung hin. Doch schaut man sich die Werte im Detail an, wird schnell klar, dass der Anstieg vor allem von wenigen großen Titeln getragen wird. Sind die hohen Kurse der Tech-Konzerne Google, Apple, Facebook, Amazon, Microsoft & Co. gerechtfertigt?
Bekannte Indices im Vergleich
Der technologielastige NASDAQ 100 ging mit einer beeindruckenden Dynamik voran. Seit dem Tiefpunkt im März bei 6.771 Punkten ist er bis Mitte Oktober um rund 80 Prozent auf über 12.000 Punkte nach oben geklettert. Im Vergleich dazu trotten die eher mit Titeln aus der „alten Welt“ bestückten Dow Jones Index sowie der DAX nur hinterher.
Der S&P 500 zeigt sich jedoch ein wenig dynamischer, enthält er doch mehr Titel der „neuen Welt“. Damit sind die Branchen Biotechnologie, Pharmazie und Digitalisierung gemeint, die durch die Pandemie eine deutlich größere Bedeutung in unserem Leben gewonnen haben.
Der S&P 500 ist ein relativ breit aufgestellter Index, der Unternehmen aus beiden Welten führt, während der NASDAQ 100 nahezu ausschließlich Titel der „neuen Welt“ beinhaltet. Man muss schon ein wenig suchen, um in diesem Index Titel zu finden, die wenig oder nichts mit Elektronik, Software, Biotechnologie o.ä. zu tun haben.
Wenige aber starke Zugpferde
Doch gab es eine Aufwärtsbewegung auf breiter Front? Nein! Der Anstieg im NASDAQ 100 zwischen Mitte März und Mitte Oktober 2020 wurde zu rund 64 % von Apple (17,2 %), Amazon.com (15,5 %), Microsoft (9,2 %), Tesla (7,9 %), NVIDIA (5,0 %) Facebook (4,7 %) und Alphabet (4,2 %) getragen.
Im S&P 500 fällt das Gewicht dieser Titel nicht ganz so hoch aus, aber Apple (12,4 %), Amazon.com (9,9 %), Microsoft (6,9 %), Facebook (3,6 %), NVIDIA (3,0 %), Alphabet (2,8 %) verantworten auch hier über 38 % des Kursanstieges der vergangenen sieben Monate.
Und wer hat den Dow Jones Index in diesem Zeitraum bewegt? Hier ist Apple dominierend und zu 27,3 % für den Anstieg des Index verantwortlich. Mit der Baumarktkette Home Depot (10,6 %) und dem Baumaschinenhersteller Caterpillar (7,7 %) liegen zwei Titel dahinter, die nicht aus den dominanten Branchen kommen. Weitere Treiber waren Microsoft (7,4 %), United Health (7,4 %), Nike (7 %), Mc Donald’s (6,3 %), Goldman Sachs (4,2 %) und Visa (4,1 %). Diese neun Titel machen stolze 82 % der Veränderung aus. (
Die Kurstreiber im DAX
Zu guter Letzt ein Blick auf den DAX: Hier zeichnen sich mit Siemens (13,8 %), SAP (10,9 %), Linde (9,6 %), Daimler (6,9 %), Deutsche Post (6,9 %), adidas (6,7 %), Infineon (5,9 %), BASF (5,2 %) und Allianz (4,9 %) ebenso wie im Dow Jones nur neun Titel für rund 71 % der Veränderung verantwortlich. (Quelle: Bloomberg)
Letztlich haben also nur wenige Titel die großen Märkte bewegt, vor allem die großen Technologiewerte. Das ist durchaus nachvollziehbar, denn in der Wirtschaft und großen Bereichen des Lebens ist die Digitalisierung im vollen Gange. Die Corona-Pandemie wirkt in diesem Zusammenhang als Katalysator.
Die große Frage lautet allerdings, ob der Drang in die digitale Welt die aktuellen Bewertungen dieser Börsenlieblinge rechtfertigt.
Tech-Konzerne mit großer Bandbreite beim KGV
Anleger, die schon in Zeiten des „Neuen Marktes“ in Deutschland dabei waren, erinnern sich bestimmt an Aussagen wie: “Das Kurs/Gewinn-Verhältnis ist für die Bewertung untauglich.“ Damals strömten Unternehmen an die deutsche Börse, die noch keine Gewinne machten, aber blumige und fantasievolle Geschäftsmodelle im Gepäck hatten. In ein paar Jahren sollten sie sprudelnde Gewinne abwerfen, doch es kam bekanntlich anders.
Das Kurs/Gewinn-Verhältnis (KGV) drückt aus, wie oft der auf eine Aktie entfallende Jahresgewinn des Unternehmens im Kurs der Aktie enthalten ist. Es ist damit vergleichbar mit dem vielfachen der Jahresmiete beim Immobilienerwerb.
In den Jahren 2005 bis zur Finanzkrise 2008 lag das durchschnittliche KGV an der NASDAQ um 30, doch seitdem ging es erst Ende 2019 wieder über 25 und liegt nun zu Beginn des 4. Quartals 2020 bei stolzen 38!
Heute fahren die indexbestimmenden Titel nennenswerte Gewinne ein, doch schauen wir uns mal das KGV bei einigen dieser dominierenden Technologiewerte an:
Unternehmen | KGV 2000 |
Apple | 36,3 |
Alphabet (Google) | 34,2 |
amazon.com | 98,4 |
33,4 | |
Microsoft | 38,2 |
Tesla | 283,9 |
Tabelle: Werte auf Basis von Gewinnschätzungen der DZ Bank
Die Anleger scheinen von den Geschäftsmodellen der Konzerne überzeugt zu sein und bezahlen hohe Preise aus Angst, beim Eintritt in die neue Zeit nicht dabei zu sein.
Selektive Entkopplung der Märkte von der Realwirtschaft
Wurde in den letzten Wochen hin und wieder von einer Entkopplung der Märkte von der realen Wirtschaft gesprochen, so wäre es wohl zutreffender von einer selektiven Entkopplung der Märkte zu sprechen.
Es bleibt nur zu hoffen, dass die Gewinnentwicklung der Ausnahmeaktien mit den hochambitionierten Erwartungen an die Gewinnentwicklung mithalten kann.
Auswirkungen politischer Unsicherheiten
Neben dieser Sorge gehen wir in die Endphase des US-Wahlkampfes mit einem mutmaßlich knappem Wahlausgang und den daraus resultierenden Unsicherheiten. Unsicherheit mag die Börse überhaupt nicht. Man mag sich nicht an das Jahr 1999 erinnern, als der Wahlausgang lange in der Schwebe war, woraufhin die Aktienbörse in den USA diesen Umstand mit einem Rückgang von mehr als 10 % quittierte. Der ungeregelte Brexit in einer Pandemie mit steigenden Infektionszahlen erscheint da fast wie die Kirsche auf dem Sahnehäubchen.
Es bleibt spannend. Gerne zeigen wir Ihnen im Rahmen unserer Vermögensverwaltung und Portfolioberatung, welche Möglichkeiten sich Ihnen für eine nachhaltige Geldanlage bieten.
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