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»Der Wertewandel ist stetig«

Prof. Dr. Bernd Ankenbrand untersucht, wie Sinnvolles entsteht und welchen Einfluss es auf unser Leben und Wirtschaften hat. Im Interview mit der Braunschweiger Privatbank spricht er über den Wertewandel in der Gesellschaft und dessen Auswirkungen auf die Wirtschaft. Zudem erklärt er, warum es so wichtig ist, zwischen den unterschiedlichen Wertevorstellungen der Menschen zu vermitteln und warum jeder seinen eigenen Werte-Horizont fortlaufend erweitern sollte.

Interview mit Sinnökonom Prof. Dr. Bernd Ankenbrand

Herr Ankenbrand, eine altbekannte Forderung lautet, dass die Wirtschaft den Menschen zu dienen hat und nicht umgekehrt". Ist das im Kapitalismus nur ein frommer Wunsch, schließlich geht es den Unternehmen in erster Linie um den Profit?

»Monetärer Erfolg ist die Basis, damit ein wirtschaftlich orientiertes Unternehmen am Markt überleben, Arbeitsplätze schaffen und Produkte oder Dienstleistungen anbieten kann, von denen wiederum die Kunden profitieren. Ohne Profit geht es also auf Dauer nicht. Problematisch ist es jedoch, wenn aus Profitstreben Gier wird und das zum Beispiel auf Kosten der Angestellten, der Umwelt oder der Allgemeinheit geht. Wer allerdings wie die Finanzbranche über Jahrzehnte einzig und allein den Profit als Maßstab nimmt, kann keine Gier erkennen. In der Wirtschaft gewinnen aber seit einigen Jahren Werte wie Fairness und Nachhaltigkeit an Bedeutung. Immer mehr Kunden beziehen solche Aspekte in ihre Kaufentscheidungen ein. Ich halte es grundsätzlich für gut, wenn nicht nur ein Wert den Maßstab bildet, sondern es ein Mix an Werten ist. Ein Wertewandel vollzieht sich aber nicht über Nacht und auch nicht geräuschlos, wie die aktuelle Diskussion um den Klima- und Umweltschutz zeigt.«

Darüber hinaus hat jeder Mensch seine eigenen Bedürfnisse und Werte.

»Genau. Als Sinnökonom sehe ich es auch als meine Aufgabe, zwischen den Perspektiven zu vermitteln. Ich habe Familien kennengelernt, in denen der Vater ein Unternehmen von der Pike aufgebaut hat und zu großem finanziellen Reichtum gekommen ist. Einzelne Kinder wollen aber keinen Cent vom Vater annehmen, weil dieser das Vermögen in ihren Augen auf Kosten der Familie aufgebaut hat. Unverständnis der Werte des anderen führt zu gefährlicher Wut.«

Wie haben sich die Werte im Laufe der Geschichte gewandelt?

»In der Stammes-Ökonomie vor 10.000 Jahren gab es noch kein Geld. Damals standen das Überleben und die Ehre an erster Stelle. Während es dann in der Agrar-Ökonomie auf Größe und Stabilität ankam, waren es in der Industrie-Ökonomie der materielle Wohlstand und die Produktivität. Jede Epoche und Kultur entwickeln neue Wertemaßstäbe. Diese Werte definieren, was in dieser Zeit von großen Teilen der Gesellschaft als sinn- und wertvoll erachtet wird. Meine Empfehlung an jeden einzelnen Menschen lautet, fortlaufend den eigenen Werte-Horizont zu erweitern, um nicht in alten Epochen stehen zu bleiben.«

Welche Werte gewinnen für Bankkunden an Bedeutung?

»Ich bin mir sicher, dass es bei Dienstleistungen auch in Zukunft auf Respekt, Service und Freundlichkeit ankommen wird. Manche Bankberater berufen sich mitunter allerdings allzu eindimensional auf persönliche Betreuung. Doch das ist oft nicht das, was bei den Kunden ankommt oder ihnen wirklich wichtig ist. Im Digitalzeitalter verlangen die Kunden ein hybrides Angebot: Sie wollen jederzeit die Wahl haben, ob sie ihre Finanzgeschäfte online erledigen oder persönliche Beratungsgespräche in Anspruch nehmen. Je größer die Auswahlmöglichkeiten, desto höher ist zudem das Verlangen nach Transparenz und Orientierung. Wenn ein Kunde aber das Gefühl bekommt, dass ihm nur etwas verkauft werden soll, wendet er sich ab.«